Baustelleneinrichtung im Eigenheim: Schutz, Lager und Wege - So planen Sie richtig
Dez, 16 2025
Bevor der erste Stein auf das Fundament kommt, muss die Baustelle richtig eingerichtet sein. Viele Privatbauer denken, dass sie erst loslegen können, wenn der Bauplan genehmigt ist. Doch das ist ein großer Irrtum. Bevor ein Bauzaun aufgestellt wird, muss eine ganze Reihe von Dingen geregelt sein: Wer haftet, wo lagern die Materialien, wie kommen die Lkw aufs Grundstück, und wer sorgt dafür, dass niemand auf der Baustelle stolpert? Die Antwort liegt in der Baustelleneinrichtung - einem Prozess, der nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch darüber entscheidet, ob Ihr Eigenheimbau reibungslos läuft oder in Ärger, Bußgeldern und Verzögerungen endet.
Warum Sie nicht einfach losbauen dürfen
Die Baustelleneinrichtung ist kein Bonus, kein Extra, kein „wenn man Zeit hat“. Sie ist Pflicht. Die Baustellenverordnung (BaustellV) aus dem Jahr 1997 legt fest, dass jeder, der ein Haus baut, dafür sorgen muss, dass die Baustelle sicher ist - für Arbeiter, Nachbarn, Kinder und sogar für Passanten auf dem Gehweg. Diese Verordnung fasst das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstättenverordnung und die Verkehrssicherungspflicht zusammen. Das bedeutet: Selbst wenn Sie nur am Wochenende ein paar Steine versetzen, gelten die Regeln. Und wenn jemand sich verletzt, weil der Zaun nicht hoch genug war oder ein Werkzeug auf dem Gehweg lag, haften Sie - nicht die Baufirma, nicht der Handwerker, nicht der Nachbar. Sie.Ein häufiger Fehler: „Wir haben doch eine Baufirma beauftragt, die macht das schon.“ Das stimmt nur teilweise. Die Firma ist verantwortlich, während sie arbeitet. Aber wenn Sie am Samstag mit Ihrem Sohn den Beton mischen, oder Ihre Schwiegermutter am Sonntag die Ziegel sortiert - dann sind Sie derjenige, der die Verordnung einhält. Die DGUV sagt es klar: Die Verkehrssicherungspflicht gilt 24/7. Auch nach Feierabend. Auch an Sonntagen.
Was gehört zur Baustelleneinrichtung? Drei Säulen
Die Baustelleneinrichtung besteht aus drei Säulen: Schutz, Lager und Wege. Ohne alle drei funktioniert nichts.Schutz beginnt mit dem Bauzaun. Der muss nicht nur sehen, wie eine Baustelle aussieht - er muss auch wirken. In Bayern muss er mindestens 2,20 Meter hoch sein, in Berlin reichen 1,80 Meter. Die genaue Höhe steht in Ihrer Landesbauordnung. Der Zaun muss stabil sein, keine Lücken haben und mit Warnschildern versehen sein, die auch von Weitem lesbar sind. Warnschilder allein reichen nicht. Ein Schild mit „Achtung Baustelle“ ist kein Schutz. Es ist nur ein Hinweis. Der Zaun ist der Schutz.
Dazu kommt die Absicherung von Gefahrenstellen: offene Gruben, Baugruben, Gerüste, Kräne. Kräne brauchen sogar eine separate Luftfahrthindernisgenehmigung - ja, wirklich. Denn auch wenn sie nur zum Bau Ihres Hauses dienen, gelten sie als bauliche Anlage, die die Luftfahrt beeinflussen könnte. Das klingt übertrieben, ist aber Gesetz.
Lager ist der zweite Punkt. Wo lagern Sie Ziegel, Sand, Dämmstoffe, Elektrokabel? Nicht einfach auf dem Rasen. Nicht vor der Garage. Nicht auf dem Weg zum Nachbarn. Das Lager muss trocken, zugänglich und abgesichert sein. Und es muss so platziert werden, dass es nicht die Grundstücksgrenze überschreitet. Viele Bauherren haben Probleme mit Nachbarn, weil Materialien zu nah am Zaun liegen. Einige Gemeinden verlangen sogar einen Abstand von 50 Zentimetern zur Grundstücksgrenze. Und wenn Sie auf öffentlichem Grund lagern - etwa weil Ihr Hof zu klein ist - brauchen Sie eine Sondernutzungserlaubnis. Die beantragen Sie beim Straßenverkehrsamt. Und hier liegt der häufigste Fehler: Die Fläche wird falsch angegeben. Ein Nutzer berichtete, sein Antrag wurde abgelehnt, weil er „ca. 3 Quadratmeter“ schrieb. Das Amt wollte exakt 3,47 Quadratmeter. Zwei Wochen Verzögerung. 185 Euro erneute Gebühr.
Wege sind der dritte Pfeiler. Es muss einen sicheren Weg für Arbeiter geben - nicht nur für die, die arbeiten, sondern auch für die, die kommen: der Elektriker, der Klempner, der Bauhof. Diese Wege müssen breit genug sein, um mit Baufahrzeugen zu befahren, und frei von Hindernissen. Sie müssen mit einem festen Untergrund versehen sein - kein Schlammpfad, kein Matsch, kein Kies, der sich verschiebt. Und sie müssen zu den Ausgängen führen, die im Notfall gebraucht werden: Flucht- und Rettungswege. Die Arbeitsstättenverordnung verlangt, dass diese Wege immer frei gehalten werden. Kein Baumaterial, kein Werkzeug, kein Eimer. Und sie müssen mit Notbeleuchtung versehen sein, wenn es dunkel wird.
Wer macht was? Die Haftung ist nicht übertragbar
Viele Bauherren glauben, sie können die ganze Verantwortung an das Bauunternehmen abgeben. Das ist falsch. Die Baufirma ist verantwortlich für die Einhaltung der Vorschriften während ihrer Arbeitszeit. Sie baut den Zaun, stellt die Sanitäranlagen auf, organisiert den Baustrom. Aber wenn Sie am Samstag einen Helfer auf die Baustelle lassen - ohne dass die Firma dabei ist - dann sind Sie derjenige, der dafür sorgt, dass alles sicher ist. Das hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach bestätigt. Wer als Bauherr auf der Baustelle ist, trägt die Haftung. Und die kann teuer werden: Bußgelder zwischen 200 und 5.000 Euro sind keine Seltenheit, wenn die Baustelle nicht ordnungsgemäß gesichert ist.Ein weiterer Irrglaube: „Wir bauen nur ein Einfamilienhaus - da gilt das nicht.“ Das stimmt nur halb. Wenn Ihr Bau weniger als 500 Personentage dauert - also weniger als 500 Arbeitstage von allen Handwerkern zusammen - dann müssen Sie die Baustelle nicht vorher anmelden. Aber die Sicherheitsvorschriften gelten trotzdem. Der SiGePlan - der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan - ist nur nötig, wenn besonders gefährliche Arbeiten wie Absturzhöhen über 7 Meter oder mehrere Baufirmen gleichzeitig arbeiten. Aber das ist eine Ausnahme. Die Grundregeln - Zaun, Wege, Lager - gelten immer.
Kosten: Was Sie wirklich bezahlen müssen
Die Kosten für die Baustelleneinrichtung liegen zwischen 800 und 3.500 Euro, je nach Grundstücksgröße und Komplexität. Das ist nicht der Preis für einen Zaun. Das ist der Preis für alles: den Baustelleneinrichtungsplan, die Vermessung, die Genehmigungen, die Sanitäranlagen, den Baustromanschluss, den Materiallagerplatz, die Wege, die Schilder, die Absicherung.Die größten Kostenblöcke sind:
- Baustelleneinrichtungsplan (Vermessung): 300-800 Euro
- Bauzaun mit Befestigung: 500-2.000 Euro (je nach Länge und Material)
- Sondernutzungserlaubnis (für Gehweg oder Straße): 120-350 Euro
- Luftfahrthindernisgenehmigung (für Kran): 200-500 Euro
- Sanitäranlagen (Toilette, Waschbecken): 400-1.200 Euro
- Baustromanschluss: 200-600 Euro
Und das sind nur die direkten Kosten. Hinzu kommen indirekte Kosten: Verzögerungen, wenn die Genehmigung nicht kommt, oder Strafen, wenn die Absicherung nicht stimmt. Eine Umfrage des Deutschen Mieterbundes ergab: 72 % der Privatbauer haben die Kosten für die Baustelleneinrichtung unterschätzt. Die meisten dachten, es sei „nur“ der Zaun. Es ist viel mehr.
Praktische Tipps: Was Sie jetzt tun können
Sie sind dabei, ein Haus zu bauen? Dann machen Sie das hier als Erstes:- Prüfen Sie Ihre Landesbauordnung. Suchen Sie nach „Baustelleneinrichtung“ und „Bauzaun“. Jedes Bundesland hat andere Regeln. Bayern ist strenger als Brandenburg. Machen Sie sich schlau, bevor Sie etwas bestellen.
- Beauftragen Sie einen Vermesser. Der erstellt den Baustelleneinrichtungsplan. Das ist kein DIY-Projekt. Der Plan muss genau zeigen: Wo liegt der Zaun? Wo ist der Lagerplatz? Wo verläuft der Weg für Lkw? Wo steht die Toilette? Der Vermesser bringt das auf Papier - und damit auf den Tisch der Behörden.
- Beantragen Sie Sondernutzungserlaubnisse früh. Die Wartezeit beträgt oft 4-6 Wochen. Wenn Sie erst am Tag vor dem Baubeginn anfangen, haben Sie schon verloren. Nutzen Sie digitale Antragsportale, falls Ihr Bundesland sie anbietet - Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben sie bereits.
- Vertragen Sie mit Ihrer Baufirma, wer was macht. Schreiben Sie auf: Wer stellt den Zaun auf? Wer bringt die Toilette? Wer holt den Baustrom? Und wer ist verantwortlich, wenn es am Samstag regnet und der Zaun umfällt? Das muss im Vertrag stehen. Nicht mündlich. Nicht per WhatsApp.
- Vermeiden Sie ehrenamtliche Helfer ohne Aufsicht. Wenn Ihre Schwiegereltern helfen - dann müssen Sie dafür sorgen, dass sie nicht auf einem ungesicherten Weg stehen, nicht in der Nähe von offenen Gruben arbeiten, nicht ohne Schutzausrüstung Material tragen. Sie haften für alles, was auf Ihrer Baustelle passiert - auch wenn Sie es nicht selbst tun.
Was passiert, wenn Sie nichts tun?
Sie denken: „Das wird schon. Ich mache nur ein kleines Haus.“ Dann passiert eines von drei Dingen:- Die Baubehörde meldet sich. Sie erhalten eine Abmahnung. Sie müssen die Baustelle sofort sichern - oder die Arbeiten werden untersagt. Das kostet Zeit. Und Geld.
- Eine Person verletzt sich. Ein Kind läuft durch den Zaun, stürzt in eine Grube. Die Haftpflichtversicherung zahlt nicht - weil Sie gegen die Arbeitsstättenverordnung verstoßen haben. Sie zahlen selbst - und das kann Hunderttausende Euro kosten.
- Ein Nachbar klagt. Weil Sie den Gehweg blockiert haben, weil Ihr Lager seine Zufahrt versperrt. Dann müssen Sie nicht nur den Zaun abbauen - Sie zahlen auch Schadensersatz.
Die Durchsetzungsquote bei Verstößen liegt bei 63 %. Die meisten Bußgelder (78 %) werden wegen unzureichender Absicherung verhängt. Das ist nicht irgendein Risiko. Das ist die Realität.
Was ändert sich in Zukunft?
Die Regeln werden strenger. Seit April 2023 müssen Sie die Baustelle bei der Behörde anmelden, wenn mehr als 500 Personentage anfallen - und das passiert bei vielen Eigenheimbauten schneller, als man denkt. Der Bundesverband Deutscher Baumeister prognostiziert bis 2025 einen Anstieg der Meldeverfahren um 22 %. Gleichzeitig wird die Digitalisierung vorangetrieben: Anträge werden online gestellt, Baustellenpläne digital hochgeladen. Die BAuA arbeitet an einer neuen Leitlinie, die speziell auf Privatbauer mit ehrenamtlichen Helfern zugeschnitten ist. Und die Kritik wächst: 38 % der Privatbauer überlegen laut einer Umfrage, auf den Eigenheimbau zu verzichten - weil die Bürokratie zu groß ist.Aber die Lösung liegt nicht darin, die Regeln zu ignorieren. Die Lösung liegt darin, sie richtig zu nutzen. Die meisten Architekten empfehlen heute: Übertragen Sie die komplette Baustelleneinrichtung an das Bauunternehmen. Nicht nur den Bau, sondern auch die Planung, die Genehmigungen, die Absicherung. Ja, es kostet mehr. Aber es schützt Sie - vor Haftung, vor Verzögerungen, vor Bußgeldern. Und vor dem Stress, den Sie nicht brauchen.
Muss ich die Baustelleneinrichtung selbst machen, wenn ich eine Baufirma habe?
Nein, Sie müssen sie nicht selbst machen - aber Sie müssen sicherstellen, dass die Baufirma sie richtig macht. Die Firma übernimmt die Umsetzung während ihrer Arbeitszeiten. Sie bleiben aber als Bauherr verantwortlich für alles, was außerhalb dieser Zeiten passiert - etwa am Wochenende, wenn Sie oder Ihre Familie auf der Baustelle sind. Der Vertrag mit der Firma muss klar festlegen, wer für was zuständig ist.
Kann ich den Bauzaun selbst aufstellen?
Ja, Sie können den Zaun selbst aufstellen - aber er muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen: Höhe, Stabilität, Lückenfreiheit, Warnschilder. Wenn der Zaun nicht standfest ist oder zu niedrig ist, ist er nicht rechtssicher. Die meisten Bauherren unterschätzen die technische Qualität, die nötig ist. Ein professionell montierter Zaun hält Wind und Wetter und verhindert, dass Kinder oder Tiere auf die Baustelle gelangen. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie es von der Firma machen.
Was passiert, wenn ich keine Sanitäranlagen auf der Baustelle habe?
Sie verstoßen gegen die Arbeitsstättenverordnung. Jede Baustelle mit mehr als einer Person muss über Sanitäranlagen verfügen - mindestens eine Toilette und ein Waschbecken. Das gilt auch für Eigenheimbauten. Die Behörde kann die Baustelle stilllegen, wenn diese fehlen. Die Kosten für eine mobile Toilette liegen bei 400-1.200 Euro - das ist viel weniger als ein Bußgeld oder eine Baustilllegung.
Brauche ich eine Genehmigung für den Baustromanschluss?
Ja. Der Baustromanschluss muss von einem zugelassenen Elektriker installiert werden und bei Ihrem Netzbetreiber beantragt werden. Es gibt keine Ausnahme für Privatbauer. Der Anschluss muss sicher, abgesichert und ablesbar sein. Ein „Kabel von der Haussteckdose“ ist illegal und gefährlich - und versichert nicht.
Kann ich die Baustelleneinrichtung später nachholen, wenn ich merke, dass ich etwas vergessen habe?
Nein. Die Baustelleneinrichtung ist Voraussetzung für den Baubeginn. Sie dürfen nicht einfach mit dem Bau beginnen und später nachbessern. Wenn die Behörde feststellt, dass der Zaun nicht genehmigt ist oder die Wege nicht sicher, wird die Baustelle stillgelegt. Sie müssen alles vorher regeln - sonst wartet die nächste Baustopp-Verfügung.