Preisstrategie im Immobilienverkauf: Ankerpreis, Bieterverfahren und Timing richtig anwenden
Dez, 4 2025
Wie viel ist Ihre Immobilie wirklich wert? Die Antwort darauf bestimmt, ob Sie in drei Monaten verkaufen - oder nach zwei Jahren immer noch auf einen Käufer warten. Viele Verkäufer glauben, dass ein höherer Preis automatisch mehr Geld bedeutet. Doch die Realität sieht anders aus. Eine Immobilie, die zu teuer angeboten wird, lockt nicht mehr Käufer an - sie vertreibt sie. Die richtige Preisstrategie im Immobilienverkauf hat nichts mit Hoffnung zu tun. Sie basiert auf Daten, Psychologie und Timing. Und wer sie versteht, verdient deutlich mehr - und schneller.
Der Ankerpreis: Der erste Eindruck entscheidet
Der Ankerpreis ist der erste Preis, den ein Käufer sieht. Und er prägt alles, was danach kommt. Menschen orientieren sich an diesem ersten Wert, selbst wenn er unrealistisch ist. Das ist kein Zufall - das ist Psychologie. Die Forschung der Universität Hamburg aus dem Jahr 2021 zeigt: Ein Ankerpreis, der 5 bis 15 Prozent über dem tatsächlichen Marktwert liegt, aktiviert den Wettbewerbsgeist der Käufer. Sie denken: „Das ist teuer, aber vielleicht ist es trotzdem ein Schnäppchen.“ Doch hier liegt die Falle. Wer den Ankerpreis zu hoch ansetzt, riskiert, dass die Immobilie als „überhöht“ abgestempelt wird. Ein Fallbeispiel von SDM Real Estate aus dem Jahr 2020: Eine Wohnung mit einem Marktwert von 250.000 Euro wurde zuerst für 300.000 Euro angeboten. Nach 13 Monaten und zwei Preissenkungen wurde sie schließlich für 212.500 Euro verkauft. Das sind 37.500 Euro Verlust. Hätte der Verkäufer mit 260.000 Euro gestartet - also nur 4 Prozent über dem Marktwert -, wäre der Verkaufspreis bei 247.500 Euro gelegen. Mehr als 35.000 Euro mehr als bei der falschen Strategie. Die Lösung? Setzen Sie den Ankerpreis bei 103 bis 105 Prozent des ermittelten Marktwerts. Das ist der Goldstandard für 2025, wie Daten von Bergen Real Estate aus November 2023 belegen. In Top-Städten wie München, Berlin oder Frankfurt kann man bis zu 105 Prozent nutzen - besonders bei Eigentumswohnungen. Auf dem Land reicht oft schon 102 Prozent. Der Schlüssel: Der Preis muss realistisch wirken, aber noch Raum für Verhandlungen lassen. Kein 120-Prozent-Sprung. Kein „Ich will 40.000 Euro mehr als der Gutachter sagt“. Das schafft Misstrauen.Bieterverfahren: Wenn der Markt springt
Ein Bieterverfahren ist kein Spiel - es ist ein Werkzeug. Und es funktioniert nur unter einer Bedingung: Es müssen genug ernsthafte Interessenten da sein. Mindestens 15, laut Dein Immo Berater aus dem Jahr 2023. Wenn Sie 5 Interessenten haben, ist ein Bieterverfahren ein Risiko. Wenn Sie 20 haben, ist es fast eine Garantie für einen höheren Preis. Wie es funktioniert: Sie setzen einen attraktiven Startpreis - oft leicht unter dem Marktwert - und laden alle Interessenten ein, schriftlich zu bieten. Die Regeln sind klar: Mindestens 14 Tage Vorlauf, schriftliche Bietervereinbarung, transparenter Mindestpreis. Keine Geheimnisse. Keine Nachverhandlungen. Die Bieter wissen: Wer das höchste Gebot abgibt, kriegt die Immobilie. Keine Verhandlungsspiele, keine Verzögerung. Das Ergebnis? Durchschnittlich 4,2 Prozent mehr als der Marktwert, wie Teammakler 2023 nachwies. Ein Beispiel aus München: Eine Eigentumswohnung startete bei 720.000 Euro. 17 Interessenten boten. Am Ende wurde sie für 752.000 Euro verkauft. Ein Aufschlag von 4,4 Prozent - rein durch Wettbewerb. Aber: Nicht überall funktioniert das. Der IVD berichtet, dass in 22 Prozent der Bieterverfahren in Berlin 2022 der Mindestpreis unterschritten wurde - weil zu wenige Interessenten da waren. Und 38 Prozent der Käufer vertrauten dem Verfahren nicht mehr, weil sie es als „kalt“ oder „manipulativ“ empfanden. Bieterverfahren sind kein Allheilmittel. Sie sind ein Spezialwerkzeug - für den richtigen Markt, mit der richtigen Immobilie, zur richtigen Zeit.Timing: Der entscheidende Moment
Es gibt einen Moment, in dem der Preis am meisten zählt: Der Verkaufsstart. Und es gibt einen Moment, in dem er am meisten schadet: Die erste Preissenkung. Viele Verkäufer machen den Fehler: Sie setzen einen hohen Preis, warten sechs Monate, sehen, dass nichts passiert, und senken den Preis abrupt - von 420.000 auf 380.000 Euro. Was sagt das dem Markt? „Da ist etwas falsch.“ „Die Immobilie ist problematisch.“ „Der Verkäufer ist verzweifelt.“ Die bessere Strategie? Starten Sie mit 105 Prozent des Marktwerts. Wenn nach 4 bis 6 Wochen keine seriösen Angebote kommen, senken Sie den Preis um 2 bis 3 Prozent - nicht 10. Und das nicht einfach so. Sondern nach einer Besichtigungsrunde. Nachdem Sie gesehen haben, warum die Leute nicht bieten. Vielleicht ist die Küche zu klein. Vielleicht fehlt die Parkplatzsituation. Dann passen Sie den Preis an - und kommunizieren das klar: „Aufgrund der hohen Nachfrage und der vielen Besichtigungen haben wir den Preis leicht angepasst.“ Das ist kein Zeichen der Schwäche. Das ist professionell. SDM Real Estate hat beobachtet: Verkäufer, die so vorgehen, verkaufen 32 Tage schneller als jene, die warten, bis der Markt sie zwingt, zu senken. Und sie erzielen im Schnitt 7,8 Prozent höhere Erlöse, wie Bergen Real Estate 2022 belegt.
Die drei Strategien im Vergleich
| Strategie | Ankerpreis | Vermarktungsdauer | Verkaufserlös | Beste für |
|---|---|---|---|---|
| Marktgerecht | 100 % Marktwert | Kurz (durchschnittlich 78 Tage) | Nahe am Marktwert | Alle, die schnell verkaufen wollen |
| Hochpreis | 105-115 % Marktwert | Lange (120-180 Tage) | Hoch, wenn es klappt - sonst sehr niedrig | Top-Lagen in Großstädten, hohe Nachfrage |
| Niedrigpreis | 93-97 % Marktwert | Sehr kurz (unter 60 Tage) | Höher als Marktwert, durch Bieterwettbewerb | Bieterverfahren, starke Nachfrage, schneller Verkauf |
Die Daten sprechen eine klare Sprache: Wer den Ankerpreis zu hoch ansetzt, verliert Geld. Wer ihn zu niedrig ansetzt, verliert Chancen. Die optimale Strategie liegt genau dazwischen - und nutzt den Markt, nicht den Emotionen.
Was funktioniert heute - und was nicht?
2025 ist kein Jahr, in dem man einfach „seinen Preis“ durchsetzt. Der Markt hat sich verändert. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern ist im Vergleich zu 2022 um fast 19 Prozent zurückgegangen, wie der Hypoport-Immobilienmarktbericht zeigt. In ländlichen Regionen reicht eine Überhöhung von 5 Prozent oft nicht mehr aus. In München oder Frankfurt hingegen funktioniert eine 10-prozentige Überhöhung bei Eigentumswohnungen noch in 65 Prozent der Fälle. Was bedeutet das? Sie müssen Ihre Strategie an den Ort und den Immobilientyp anpassen. Eine Altbauwohnung in einer Sanierungszone? Da hilft kein Hochpreis. Da braucht es einen marktgerechten Preis - und eine klare Kommunikation über die Sanierungspläne. Eine moderne Eigentumswohnung in der Maxvorstadt? Da kann ein Bieterverfahren mit leicht unterschrittenem Startpreis einen 5-prozentigen Gewinn bringen. Und die Digitalisierung macht es einfacher. ImmobilienScout24 hat im September 2023 eine KI-gestützte Preisempfehlung eingeführt, die auf 127 Parametern basiert - von der Dachneigung bis zur Entfernung zur nächsten U-Bahn-Station. Die Trefferquote: 92,4 Prozent. Das heißt: Sie brauchen keinen Experten, der Ihnen einen Preis nennt. Sie brauchen nur die richtigen Daten.
Was Sie jetzt tun müssen
1. Erhalten Sie eine neutrale Bewertung. Nutzen Sie die kostenlose Bewertung von ImmobilienScout24 oder die Datenbank des Gutachterausschusses - beide liefern aktuelle Vergleichspreise für 98 Prozent der deutschen Gemeinden. 2. Bestimmen Sie Ihren Standort-Typ. Sind Sie in einer Top-Lage? Dann können Sie bis zu 105 Prozent ansetzen. Sind Sie in einer durchschnittlichen oder schwachen Lage? Dann bleiben Sie bei 100-103 Prozent. 3. Entscheiden Sie: Bieterverfahren oder nicht? Haben Sie mindestens 15 ernsthafte Interessenten? Dann nutzen Sie es. Sonst nicht. 4. Setzen Sie den Ankerpreis. 103-105 Prozent des Marktwerts. Punkt. 5. Warten Sie 4-6 Wochen. Keine Preissenkung vorher. Wenn kein Angebot kommt, senken Sie um 2-3 Prozent - und sagen Sie warum. 6. Vermeiden Sie abrupte Preissenkungen. Sie signalisieren Panik. Und das schreckt Käufer ab.Die meisten Verkäufer denken: „Ich will mehr Geld.“ Aber die erfolgreichsten Verkäufer denken: „Ich will den richtigen Preis finden.“ Und dann warten sie, bis der Markt ihn zahlt.
Wie hoch sollte der Ankerpreis wirklich sein?
Der optimale Ankerpreis liegt bei 103 bis 105 Prozent des ermittelten Marktwerts. In Top-Lagen wie München, Berlin oder Frankfurt kann man bis zu 110 Prozent nutzen - aber nur, wenn die Nachfrage hoch ist. In ländlichen Regionen oder bei sanierungsbedürftigen Objekten reichen 100 bis 103 Prozent. Ein Preis über 110 Prozent erhöht das Risiko, dass die Immobilie als „überhöht“ abgelehnt wird - und dann schwerer zu verkaufen ist.
Ist ein Bieterverfahren immer sinnvoll?
Nein. Ein Bieterverfahren funktioniert nur, wenn mindestens 15 ernsthafte Interessenten vorhanden sind. Bei weniger als 10 Interessenten steigt das Risiko, dass der Verkauf unter dem Mindestpreis landet. Der IVD berichtet, dass in 22 Prozent der Bieterverfahren in Berlin 2022 genau das passiert ist. Außerdem vertrauen 38 Prozent der Käufer diesem Verfahren nicht - sie fühlen sich ausgeschlossen. Nutzen Sie es nur, wenn Sie echte Konkurrenz erwarten.
Wann ist der beste Zeitpunkt, um eine Immobilie zum Verkauf anzubieten?
Der beste Zeitpunkt ist im Frühjahr (März bis Mai) und im Herbst (September bis November). Dann ist die Nachfrage am höchsten - und Käufer haben mehr Geld zur Verfügung. Vermeiden Sie den Sommer (Juli/August) und die Weihnachtszeit. In diesen Monaten sind die meisten Käufer abwesend. Auch die aktuelle Marktlage spricht für einen Verkaufsstart bis Ende März 2025: Die Vermarktungsdauer für Einfamilienhäuser ist auf 142 Tage gestiegen - je früher Sie starten, desto besser.
Was passiert, wenn ich meinen Preis zu lange halte?
Wenn Sie Ihren Preis zu lange halten, ohne dass Interessenten bieten, wird die Immobilie als „nicht verkaufbar“ abgestempelt. Käufer vermuten, dass etwas mit der Wohnung nicht stimmt - obwohl alles in Ordnung ist. Die Vermarktungsdauer verlängert sich dramatisch. Ein Fallbeispiel: Eine Immobilie mit einem Marktwert von 250.000 Euro, die für 300.000 Euro angeboten wurde, wurde nach 13 Monaten für nur 212.500 Euro verkauft - ein Verlust von 37.500 Euro. Das ist kein Einzelfall. Es ist die Regel, wenn man auf Emotionen statt auf Daten setzt.
Wie oft sollte ich den Preis senken?
Nur einmal - und nur nach 4 bis 6 Wochen ohne Angebot. Dann eine Senkung von 2 bis 3 Prozent. Nie mehr als 5 Prozent auf einmal. Und niemals während laufender Verhandlungen. Eine Preissenkung sollte immer nach einer Besichtigungsrunde erfolgen - und mit einer klaren Begründung: „Aufgrund der hohen Nachfrage haben wir den Preis leicht angepasst.“ So wirkt es nicht wie Panik, sondern wie Reaktion auf den Markt.
Heidi Gremillion
Dezember 4, 2025 AT 17:49Ich verstehe, dass man Daten braucht, aber irgendwie fühlt sich das alles an wie ein Algorithmus, der menschliche Entscheidungen ausklammert. Was ist mit dem Gefühl? Mit dem Bauchgefühl? Wenn ich eine Wohnung liebe, weil das Licht um 16 Uhr genau so fällt wie in meiner Kindheit – zählt das dann nicht? Die ganze Welt wird zu einer Excel-Tabelle reduziert, und wir vergessen, dass Häuser nicht nur Investitionen sind, sondern Heimat. Wo bleibt da die Seele?