Kellerabdichtung mit Injektionen: So funktioniert es und wo die Grenzen liegen

Kellerabdichtung mit Injektionen: So funktioniert es und wo die Grenzen liegen Nov, 24 2025

Ein nasser Keller ist mehr als nur ein Ärgernis. Schimmel an den Wänden, fauliger Geruch, abblätternder Putz - das alles kostet Geld und Gesundheit. Viele Hausbesitzer denken zuerst an eine teure Außenabdichtung mit Erdarbeiten. Doch es gibt eine Alternative, die seit Jahren in Österreich und Deutschland immer beliebter wird: die Kellerabdichtung mit Injektionen. Keine Baugruben, keine Nachbarn, die sich beschweren - alles läuft von innen. Aber ist das wirklich eine dauerhafte Lösung? Und wann bringt es mehr Schaden als Nutzen?

Wie funktioniert eine Injektionsabdichtung?

Stell dir vor, du hast eine Wand, die wie ein Schwamm Wasser aufsaugt. Die Feuchtigkeit steigt von unten oder dringt von den Seiten ein. Bei einer klassischen Außenabdichtung würde man die Erde abgraben, die Wand reinigen und mit Bitumen oder Folie abdichten. Das ist aufwendig, teuer und oft unmöglich, wenn der Garten klein ist oder das Haus denkmalgeschützt ist.

Bei der Injektionsmethode bleibt alles innen. Fachleute bohren in regelmäßigen Abständen kleine Löcher in die Kellerwand - meist 8 bis 12 Zentimeter auseinander, in zwei Reihen versetzt. Durch diese Löcher wird ein flüssiges Material eingespritzt. Das Material ist so dünn wie Wasser und fließt in jede Pore, jedes Kapillar, sogar in Risse, die das bloße Auge nicht sieht. Sobald es trocknet, bildet es eine elastische, wasserundurchlässige Barriere - direkt im Mauerwerk.

Dabei gibt es verschiedene Techniken. Die Flächeninjektion dichtet die Wand selbst ab. Die Schleierinjektion geht noch weiter: Das Material dringt durch die Wand hindurch und verbindet sich mit dem Erdreich, als würde es eine unsichtbare Folie von innen nach außen legen. Und bei aufsteigender Feuchtigkeit setzt man eine Horizontalsperre - eine waagerechte Barriere, die das Wasser am Hochsteigen hindert.

Die Materialien haben sich enorm verbessert. Früher brauchte man Epoxidharze, die tagelang trockneten. Heute verwendet man Acrylatgels wie das Getifix Acrylat-Injektionsgel oder SF-HIK 25 von MH-Bautenschutz. Diese Gels haben eine Viskosität von nur 1-5 mPa·s - genauso dünn wie Wasser. Sie brauchen keine vorgängige Trocknung des Mauerwerks. Und sie reagieren sogar auf Feuchtigkeit: Ein neues Hydrogel von Getifix quillt bei Kontakt mit Wasser leicht auf und verschließt noch kleinste Lecks nachträglich.

Was kostet eine Injektionsabdichtung?

Die Kosten liegen zwischen 50 und 100 Euro pro Quadratmeter. Das ist günstiger als eine Kombinationsabdichtung mit Folien und Putzen (100-150 €/m²), aber etwas teurer als ein Bitumenanstrich (30-80 €/m²). Was viele nicht wissen: Der Preis hängt stark von der Qualität der Ausführung ab. Ein günstiger Anbieter, der nur 65 €/m² verlangt, spart oft an Bohrtiefe oder Material. Und das zahlt man später doppelt.

Ein seriöser Handwerker bohrt mindestens 120 Löcher pro 10 Quadratmeter. Die Bohrtiefe muss mindestens zwei Drittel der Wanddicke betragen. Bei einer 30 cm dicken Wand also mindestens 20 cm. Der Druck wird kontinuierlich zwischen 0,5 und 2,0 bar gehalten - nicht zu viel, nicht zu wenig. Zu viel Druck reißt das Mauerwerk, zu wenig bleibt das Material an der Oberfläche und wirkt nicht.

Die Trocknungszeit beträgt heute nur 24 bis 48 Stunden - bei modernen Gelen. Früher dauerte es eine Woche. Und die Dokumentation ist Pflicht: Jedes Bohrloch wird fotografiert, jede Injektion protokolliert. Nach DIN 18195-5:2017. Wer das nicht macht, macht keine ordentliche Arbeit.

Wann funktioniert es - und wann nicht?

Das Injektionsverfahren ist ein Spezialwerkzeug. Es ist perfekt für kapillar aufsteigende Feuchtigkeit. Das ist das Wasser, das langsam aus dem Boden hochkriecht, wie bei alten Steinwänden ohne Feuchtigkeitssperre. Hier erreicht es eine Erfolgsquote von 85 bis 90 Prozent - laut dem Deutschen Fachverband Flachdach.

Es funktioniert auch gut bei leichtem seitlichem Wasserdruck - etwa wenn der Boden um den Keller herum feucht ist, aber kein starker Wasserdruck entsteht. Doch hier liegt die Grenze.

Wenn Wasser unter Druck von außen kommt - wenn der Keller unter der Grundwasserlinie liegt oder nach Starkregen Wasser gegen die Wände drückt - dann versagt die Injektion. Das hat Prof. Dr.-Ing. Klaus Sedlbauer vom Fraunhofer IBP klar gesagt: „Bei Drückwasser lässt sich mit Injektionsverfahren keine dauerhafte Abdichtung erzielen.“ Hier braucht man eine Innenabdichtung mit Folien oder eine echte Außenabdichtung. Und das kostet mehr. Aber es ist die einzige Lösung.

Die WTA-Richtlinie 4-04-04-01/D von 2019 sagt es deutlich: Vor jeder Injektion muss eine Feuchtigkeitsanalyse erfolgen. Mit Bohrkernen, mit Feuchtigkeitsmessgeräten. Wenn die Restfeuchte an der Wandoberfläche über 5 Prozent liegt, ist das Risiko hoch, dass das Material nicht richtig wirkt. Und wenn die Wand schon stark geschädigt ist - Risse, bröckelnder Putz, Salzausblühungen - dann muss zuerst das Mauerwerk saniert werden. Sonst ist die Injektion wie das Reparieren eines Risses mit Klebeband.

Querschnitt einer Kellerwand mit eingespritztem Gel, das sich in Kapillaren ausbreitet.

Was schiefgehen kann - und warum

Die meisten Probleme entstehen nicht durch das Material, sondern durch die Ausführung. Eine Umfrage des Deutschen Schimmelpilz Beratungs Dienstes aus 2023 mit 327 Hausbesitzern ergab: 32 Prozent hatten nach zwei Jahren wieder Feuchtigkeit. Warum?

  • Unzureichende Bohrtiefe (47 %): Wer nur 10 cm bohrt, statt 20 cm, hat keine Barriere - nur ein oberflächlicher Film.
  • Falsches Material (29 %): Ein Epoxidharz für eine feuchte Wand, die eigentlich ein Acrylat braucht - das funktioniert nicht.
  • Unzureichende Bohrlochabdeckung (24 %): Nach der Injektion wird das Loch nicht richtig verschlossen. Wasser findet einen neuen Weg.

Ein Bericht auf bauexperten.com beschreibt einen Fall: Ein Anbieter hat für 65 €/m² gearbeitet. Acht Monate später war der Keller wieder nass. Die Bohrlöcher waren zu flach, das Material nicht tief genug eingedrungen. Der Kunde musste nochmal zahlen - und diesmal richtig.

Ein anderer Nutzer auf Hausfreunde.de berichtete: „Nach 120 €/m² mit Acrylatgel - seit drei Jahren trocken. Kein Trocknen vorher, kein Problem.“ Der Unterschied? Fachkundige Diagnose, richtige Bohrtiefe, hochwertiges Material.

Was sagt die Wissenschaft?

Dr. Thomas Müller vom Institut für Bauforschung in Dresden sagt: „Das Injektionsverfahren ist hochwirksam - aber nur bei korrekter Diagnose.“

Das ist der Kern: Man muss wissen, warum der Keller nass ist. Ist es aufsteigende Feuchtigkeit? Ist es ein Leck in der Rohrleitung? Ist es Kondenswasser durch schlechte Lüftung? Oder ist es Drückwasser?

Wenn du falsch diagnostizierst, machst du den Keller noch nasser. Denn das Material blockiert die Feuchtigkeit - aber sie bleibt im Mauerwerk. Und wenn sie nicht entweichen kann, sammelt sie sich hinter der Abdichtung, schafft Druck und führt zu neuen Rissen. Das ist kein Erfolg - das ist ein neues Problem.

Die WTA fordert deshalb: Keine Injektion ohne Bohrkern. Keine Injektion ohne Feuchtigkeitsmessung. Keine Injektion ohne schriftliche Dokumentation. Wer das ignoriert, spielt mit dem Haus.

Vergleich: erfolglose und erfolgreiche Injektionsabdichtung einer Kellerwand.

Was ist die Zukunft?

Die Technik entwickelt sich weiter. BAS hat 2022 sein „Injektionsverfahren® 2.0“ eingeführt - mit einem intelligenten Druckregler, der sich automatisch an die Wand anpasst. Getifix hat ein Hydrogel entwickelt, das sich bei Feuchtigkeit ausdehnt. Und das Fraunhofer IBP arbeitet an einem KI-System, das mit Kameras und Sensoren die Feuchtigkeitsquelle automatisch erkennt - ohne Bohrkern, ohne Labor.

Die Nachfrage steigt. Laut BauInfoConsult wurden 2023 in Deutschland 125.000 Keller mit Injektionen saniert - das sind 35 Prozent aller Kellerabdichtungen. Die meisten davon sind Altbauten. Und das macht Sinn: In Zeiten der Energiewende ist ein trockener Keller wichtiger denn je. Feuchte Wände verlieren ihre Dämmwirkung. Ein trockener Keller kann isoliert werden - und spart Heizkosten.

Die Grenzen bleiben aber. Kein Injektionsverfahren kann Drückwasser aufhalten. Kein Material ersetzt eine fundierte Analyse. Und kein billiger Anbieter kann die Erfahrung eines ausgebildeten Handwerkers ersetzen.

Was tun, wenn dein Keller nass ist?

Wenn du eine Kellerabdichtung in Erwägung ziehst, dann tue das:

  1. Diagnose vorher: Lass eine Feuchtigkeitsmessung machen - mit Bohrkern und Messgerät. Nicht mit dem Auge. Nicht mit einem Teststreifen aus dem Baumarkt.
  2. Ursache bestimmen: Ist es aufsteigende Feuchtigkeit? Dann ist Injektion eine gute Wahl. Ist es Drückwasser? Dann suche dir einen anderen Weg.
  3. Material und Methode wählen: Acrylatgel für kapillare Feuchtigkeit. Kein Epoxidharz, wenn das Mauerwerk nicht trocken ist.
  4. Handwerker prüfen: Frag nach Referenzen. Frag nach Bohrtiefe. Frag nach Dokumentation. Frag nach Garantie.
  5. Dokumentieren: Lass dir alle Bohrlochpositionen, Druckwerte und Materialnummern schriftlich geben. Für später.

Die Kellerabdichtung mit Injektionen ist kein Wundermittel. Aber sie ist ein präzises Werkzeug - und wenn sie richtig eingesetzt wird, hält sie Jahrzehnte. Sie spart Geld, Zeit und Mühe. Aber nur, wenn du sie nicht als billige Lösung siehst. Sondern als professionelle Sanierung - mit Verantwortung.