Leerrohre und Reserveleitungen: Zukunftssichere Elektroplanung für moderne Gebäude
Nov, 6 2025
Stell dir vor, du hast dein neues Haus gebaut, alles ist perfekt - bis du eines Tages ein Smart-Home-System installieren willst. Die Alarmanlage, die neue Heizungssteuerung, die Glasfaserleitung fürs Internet - alles soll in die Wand. Aber die Wände sind schon verputzt. Ohne Leerrohre wird das ein teurer Albtraum. Mit Leerrohren? Du ziehst das Kabel einfach durch, wie einen Faden durch eine Nadel. Kein Staub, kein Chaos, keine tausend Euro für Wandöffnungen. Das ist nicht Science-Fiction. Das ist Leerrohre in der Praxis.
Was sind Leerrohre wirklich - und warum brauchst du sie?
Leerrohre sind hohle Kunststoff- oder Metallrohre, die du während der Bau- oder Sanierungsphase in Wände, Böden oder Decken einbaust. Sie bleiben leer. Sie sehen aus wie einfache Plastikschläuche. Aber sie sind die unsichtbare Infrastruktur deines zukünftigen Zuhauses. Sie schützen Kabel vor Feuchtigkeit, mechanischen Beschädigungen und Temperaturschwankungen. Das ist gut. Aber das ist nicht das Wichtigste.
Das Wichtigste ist: Sie machen Nachrüstungen möglich. Ohne sie musst du Wände aufbrechen, Fußböden aufstemmen, Putz abkratzen. Mit ihnen ziehst du neue Kabel durch - ohne Spuren. Laut einer Studie des ZVEH spart eine einzige Nachrüstung mit Leerrohren im Schnitt 338 Euro pro Anschluss. Ohne sie? 427 Euro. Das ist kein kleiner Unterschied. Das ist ein Unterschied zwischen einem vernünftigen Plan und einem teuren Fehler.
Warum sind Reserveleitungen kein Luxus - sondern Pflicht
Ein Leerrohr ist gut. Drei oder vier in einem Raum? Besser. Viele Bauherren denken: „Ich brauche nur eine Steckdose, eine Lichtschaltung, vielleicht ein Netzwerkkabel.“ Das ist der größte Fehler. Heute brauchst du vielleicht nur WLAN. Morgen willst du eine Smart-Home-Zentrale, eine Fußbodenheizungssteuerung, eine Video-Türklingel, eine Ladestation fürs E-Auto - und vielleicht eine extra Leitung fürs Home-Office.
Die VDE und die DIN 18015 empfehlen mindestens drei Leerrohre pro Raum. In der Küche? Vier. Im Bad? Drei. Im Wohnzimmer? Mindestens vier. Warum so viele? Weil du nicht weißt, was du in fünf Jahren brauchst. Und weil du nicht willst, dass ein Handwerker morgen mit einem Bohrer durch deine neue Teppichbodenfläche fährt, nur um eine Steckdose für deinen Smart-Speaker zu legen.
Prof. Dr. Hans-Jürgen Vogt von der TU Berlin nennt Leerrohre „die unsichtbare Zukunftssicherung der Gebäudeinfrastruktur“. Und er hat recht. In 83% der neuen Gebäude werden heute fünf oder mehr Kommunikationssysteme parallel genutzt. Ohne Reserveleitungen ist das unmöglich. Mit ihnen? Ein Kinderspiel.
Was sagt die Norm - und warum du sie nicht ignorieren solltest
Die DIN 18015 ist die deutsche Norm für Elektroinstallationen in Wohngebäuden. Sie sagt klar: Leerrohre müssen geplant werden. Nicht optional. Nicht „wenn du Lust hast“. Sie schreibt vor, wie viel Platz du für Kabel lassen musst. Ein einzelner Leiter darf höchstens ein Drittel des Rohrquerschnitts belegen. Mantelleitungen dürfen bis zur Hälfte füllen. Die VDE empfiehlt sogar, nur maximal 60% der nutzbaren Fläche zu nutzen - damit du später noch Platz hast.
Und das ist kein theoretisches Spiel. Wenn du zu viel in ein Rohr packst, kriegst du es nicht mehr raus. Die Kabel verhaken sich. Die Isolierung reißt. Du musst das Rohr trotzdem aufbrechen. Und dann ist es zu spät. Die Norm ist da, damit du nicht deine eigene Baustelle zerstörst.
Typische Rohrdurchmesser? 16 mm, 20 mm, 25 mm, 32 mm. 16 mm reicht für ein einzelnes Netzwerkkabel. 32 mm brauchst du, wenn du später eine Glasfaserleitung oder mehrere starke Stromleitungen durchziehen willst. Die meisten Leerrohre sind aus PVC - 78% des Marktes. Sie sind günstig, einfach zu verlegen und beständig. Metallrohre gibt es nur für spezielle Fälle - etwa in Industriegebäuden oder wo hohe mechanische Belastung droht.
Wie viel kostet das - und wann lohnt es sich?
Ein 16-mm-PVC-Leerrohr kostet heute etwa 0,45 Euro pro Meter. Ein 32-mm-Metallrohr vielleicht 1,85 Euro. Für ein Einfamilienhaus brauchst du etwa 100 bis 150 Meter Leerrohre. Das macht zwischen 50 und 250 Euro Materialkosten. Klingt viel? Vergleiche das mit den Folgekosten.
Ein Handwerker kostet im Schnitt 85 Euro pro Stunde. Ohne Leerrohr: 3,5 Stunden Arbeit pro Anschluss. Mit Leerrohr: 45 Minuten. Das ist eine Ersparnis von 233 Euro pro Steckdose. Und das ist nur ein Beispiel. Wenn du fünf neue Anschlüsse nachträglich einbaust, sparst du mehr als 1.000 Euro - und das nur an Arbeitskosten. Die Materialkosten für die Leerrohre hast du schon beim Bau bezahlt. Die amortisieren sich bei der ersten Nachrüstung. Und meistens kommt nicht nur eine Nachrüstung - sondern drei, vier, fünf.
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sagt: Leerrohre verlängern die Lebensdauer der Elektroinstallation um 15 Jahre. Warum? Weil du nicht ständig Wände aufreißen musst. Weil die Kabel nicht beschädigt werden. Weil die Installation sauber bleibt. Das ist nicht nur Geld. Das ist Nachhaltigkeit.
Was schiefgeht - und wie du es vermeidest
Die meisten Probleme mit Leerrohren kommen nicht von den Rohren selbst. Sondern von schlechter Planung.
- Zu enge Biegungen: Ein Rohr darf nicht enger gebogen werden als das Achtfache seines Durchmessers. Bei 20 mm Rohr: mindestens 160 mm Bogenradius. Sonst klemmt das Kabel. Du kannst es nicht mehr ziehen. Und dann ist es vorbei.
- Zu wenige Leerrohre: Nur zwei in einem Raum? Das ist knapp. Vier sind besser. In der Küche: mindestens vier. In der Garage: fünf. Du denkst, du brauchst nie mehr. Aber du wirst es brauchen.
- Keine Markierung: Wer hat welche Leitung wo verlegt? Ohne Etiketten an den Enden bist du wie ein Detektiv ohne Hinweise. Nummeriere jedes Rohrende. Schreibe drauf: „Wohnzimmer - Netzwerk“, „Küche - Steuerung Heizung“. 92% der Profis tun das. Privatleute oft nicht. Und dann verbringen sie Stunden mit Suchen.
- Keine Dokumentation: Ein Plan, eine Skizze, Fotos - das ist dein Vermächtnis für zukünftige Mieter oder Käufer. Ohne das ist das Haus ein Rätsel. Mit dem Plan? Ein klarer, wartbarer Ort.
Ein Fall vom Hausbau-Forum: Ein Bauherr hat keine Reserveleitungen für die Fußbodenheizung geplant. Als er später die Steuerung wechseln wollte, musste er den gesamten Boden aufbrechen. Kosten: 1.245 Euro. Vermeidbar. Mit einem einzigen zusätzlichen Leerrohr.
Wer macht es richtig - und wer nicht?
Die Branche hat sich verändert. In Neubauten sind Leerrohre heute Standard. 89% der neuen Häuser haben sie. In Sanierungen? Nur 42%. Warum? Weil viele Bauherren denken: „Ich baue ja nur um.“ Aber Sanierungen sind oft die teuersten Momente. Und hier ist der Unterschied am größten.
Die großen Hersteller - OBO Bettermann, Hager, ABB - haben das längst verstanden. Sie bieten spezielle Systeme an, mit Biegeformern, Anschlusskästen und Etikettensystemen. Der Markt wächst: 4,7% pro Jahr. In 2025 wird die Quote in Neubauten bei 95% liegen. In Sanierungen bei 58%. Die Normen werden sich anpassen. Die DGNB fordert es. Die VDE fordert es. Die Bauherren werden es bald auch fordern.
Die Kritik kommt von den Bauökonomien: „Zu viel Reserve ist Verschwendung“, sagt Prof. Ritter von der Hochschule Karlsruhe. Und er hat teilweise recht. Mehr als 30% Kapazität über den aktuellen Bedarf hinaus ist oft unnötig. Aber: Wer nur 20% Reserve plant, hat bald wieder kein Platz. Wer 50% plant, hat 15 Jahre Spielraum. Das ist kein Verschwendung - das ist Voraussicht.
Was kommt als Nächstes - und warum du jetzt planen musst
Im zweiten Quartal 2024 wird die DIN 18015 überarbeitet. Erstmals wird explizit auf Smart-Home-Infrastrukturen eingegangen. Das bedeutet: Leerrohre werden nicht nur empfohlen - sie werden verpflichtend. Auch die Glasfasererschließung läuft heute zu 78% über Leerrohre. Wer jetzt kein Leerrohr plant, wird später nicht ans Internet kommen - oder nur mit hohen Kosten.
Es gibt schon ökobilanzierte Leerrohre mit 30% geringerem CO2-Fußabdruck. Das ist kein Marketing-Gag. Das ist Zukunft. Weil du nicht ständig Wände aufbrechen musst. Weil du weniger Abfall erzeugst. Weil du weniger Energie verbrauchst - für Bohrmaschinen, Staubsauger, Transporte.
Prof. Vogt sagt: „Leerrohre verdoppeln die Lebensdauer einer Elektroinstallation von 15 auf 30 Jahre.“ Das ist kein Traum. Das ist die Realität. Ein Haus, das 50 Jahre hält, braucht eine Elektroinstallation, die 50 Jahre hält. Und das geht nur mit Leerrohren.
Wenn du heute baust oder sanierst, ist die Frage nicht: „Soll ich Leerrohre einbauen?“ Die Frage ist: „Warum sollte ich es nicht tun?“
Was kostet die Installation von Leerrohren in einem Einfamilienhaus?
Die Materialkosten für Leerrohre in einem typischen Einfamilienhaus liegen zwischen 50 und 250 Euro, je nach Anzahl und Durchmesser der Rohre. Der Planungsaufwand beträgt etwa 4-6 Stunden. Die Installation erfolgt meist parallel zur Rohr- und Estrichverlegung und kostet kaum zusätzliche Arbeitszeit. Im Vergleich zu den Folgekosten einer Nachrüstung ohne Leerrohre (durchschnittlich 427 € pro Anschluss) amortisieren sich die Kosten bereits bei der ersten Nachrüstung.
Wie viele Leerrohre brauche ich pro Raum?
Die VDE und DIN 18015 empfehlen mindestens drei Leerrohre pro Raum. In der Küche, im Wohnzimmer oder in der Garage sollten es vier bis fünf sein. In Bädern reichen drei. Das ist kein Luxus - das ist die Mindestanforderung für zukunftssichere Nutzung. Denk an Smart-Home-Systeme, Netzwerke, Videoüberwachung, Ladestationen - alles braucht Kabel. Und du kannst nicht vorhersagen, was du in fünf Jahren brauchst.
Kann ich Leerrohre auch in bestehenden Häusern nachrüsten?
Ja - aber nur begrenzt. In offenen Wänden, z. B. während einer Sanierung, ist es einfach. In fertig verputzten Wänden ist es nur mit großem Aufwand möglich, etwa durch Bohrungen in Decken oder Fußböden. Die meisten Nachrüstungen von Leerrohren in Bestandsbauten sind teurer als die Installation im Neubau. Deshalb ist der beste Zeitpunkt immer: vor dem Verputzen.
Welche Materialien sind für Leerrohre geeignet?
Starrer PVC ist mit 78% Marktanteil das Standardmaterial - günstig, leicht zu verlegen und beständig gegen Feuchtigkeit. Flexible Kunststoffrohre (17%) eignen sich für Biegungen oder schwierige Verlegestellen. Metallrohre (5%) werden nur bei hohen mechanischen Belastungen oder in industriellen Bereichen eingesetzt. Für Wohngebäude reicht PVC völlig aus - solange die Durchmesser und Biegungsradien eingehalten werden.
Was passiert, wenn ich zu viele Kabel in ein Leerrohr stecke?
Wenn du mehr als 60% des Rohrquerschnitts belegst, wird das Kabelziehen schwierig oder unmöglich. Die Isolierung kann beschädigt werden, was zu Kurzschlüssen oder Stromausfällen führt. Außerdem verlierst du die Möglichkeit, später neue Kabel nachzuziehen. Die DIN 18015 legt klare Grenzen fest: Einzeladern dürfen maximal ein Drittel, Mantelleitungen bis zur Hälfte des Rohrquerschnitts belegen. Halte dich daran - sonst zahlt du später doppelt.