Währungsrisiko managen: Forward und Optionen für Immobilienkäufer im Ausland
Nov, 3 2025
Warum Währungsrisiko bei Auslandsimmobilien kein Nebenproblem ist
Wenn du eine Immobilie in den USA, der Schweiz oder Kanada kaufst, denkst du an die Lage, den Preis, die Mieteinnahmen. Aber was passiert, wenn der Euro fällt und dein Kaufpreis plötzlich 15.000 Euro teurer wird? Das ist kein theoretisches Szenario. Es passiert. Und es kostet Geld - oft viel mehr als die Renovierung. Laut einer Studie des Zentralen Immobilien Ausschusses machen Währungsfluktuationen bis zu 40% des gesamten Risikos bei internationalen Immobilieninvestitionen aus. Das ist mehr als die meisten Leute glauben. Du kaufst nicht nur eine Wohnung. Du kaufst eine Währung. Und wenn du die nicht absicherst, spielst du mit dem Geld, das du in die Immobilie gesteckt hast.
Ein Beispiel: Ein deutscher Investor kauft 2021 eine Immobilie in Florida für 750.000 USD. Er verzichtet auf Absicherung. Bis 2023 fällt der Euro um 8% gegenüber dem Dollar. Die 750.000 USD, die er damals für 675.000 Euro kaufen konnte, kosten jetzt 735.000 Euro. Er hat 60.000 Euro verloren - nur weil die Währung sich bewegt hat. Die Immobilie ist vielleicht um 10% im Wert gestiegen. Aber der Gewinn ist weg. Das ist kein Verlust durch schlechte Investition. Das ist ein Verlust durch Nicht-Handeln.
Was ist ein Devisenforward - und warum ihn viele nutzen
Ein Devisenforward ist wie ein vertraglich festgelegter Preis für eine Währung, den du heute vereinbarst, aber erst in 6, 12 oder 24 Monaten einlöst. Du sagst deiner Bank: „Ich brauche in 18 Monaten 500.000 USD. Ich zahle sie zu einem Kurs von 1,05 USD/EUR.“ Die Bank sagt „ok“ und hält diesen Kurs für dich fest. Egal ob der Dollar dann auf 1,20 oder 0,95 fällt - du zahlst immer 1,05. Das ist Sicherheit. Kein Spiel. Kein Risiko.
Die Kosten dafür sind einfach: sie kommen aus dem Zinsunterschied zwischen Euro und Dollar. Aktuell (Oktober 2023) liegt dieser bei 3,2% pro Jahr. Das bedeutet: Für eine 500.000 USD-Position über 24 Monate zahlst du etwa 15.800 Euro an Kosten. Klingt viel? Ja. Aber im Vergleich zum potenziellen Verlust? Das ist eine Versicherung - keine Spekulation. 89% aller institutionellen Anleger nutzen Forwards nicht, um zu gewinnen, sondern um zu vermeiden, dass sie verlieren.
Forwards sind ideal, wenn du genau weißt, wann du zahlen musst: Kaufpreis, Notarkosten, Renovierung. Du planst die Zahlungstermine, und der Forward deckt sie ab. Die Mindestsumme liegt bei 100.000 Euro für Privatanleger mit institutionellem Status. Kleine Anleger ab 10.000 Euro können über Sparkassen-Partner mitmachen. Die Einrichtung dauert 5-7 Werktage. Kein Hexenwerk.
Devisenoptionen: Flexibilität gegen höhere Kosten
Stell dir vor, du hast das Recht, aber nicht die Pflicht, einen Kurs zu nutzen. Das ist eine Devisenoption. Du zahlst eine Prämie - aktuell 2,1-2,8% des Volumens - und bekommst das Recht, USD zu einem festen Kurs zu kaufen. Wenn der Dollar steigt, nutzt du den Kurs und bist abgesichert. Wenn der Dollar fällt, lässt du die Option verfallen und kaufst einfach am Markt. Du profitierst von günstigen Kursen - und bist trotzdem geschützt, wenn alles schiefgeht.
Das klingt perfekt. Und ist es auch - wenn du das Geld hast. Die Prämien sind doppelt so hoch wie die Kosten für einen Forward. Und wenn der Kurs sich nicht bewegt, ist die Prämie weg. Ein Investor aus Berlin kaufte 2022 Call-Optionen für 2,5% auf 1 Million USD. Nach einem Jahr war der Euro nicht gestiegen. Die Option verfiel wertlos. Er hatte 25.000 Euro für nichts bezahlt. Das ist der Preis für Flexibilität.
Optionen lohnen sich, wenn du unsicher bist: Vielleicht verschiebt sich der Kauf? Vielleicht willst du später noch etwas dazu kaufen? Oder du glaubst, der Euro könnte stärker werden? Dann ist die Option dein Werkzeug. Sie ist teuer, aber sie gibt dir die Kontrolle. Laut Sparkasse führen Optionen bei 68% der Anwender zu einer höheren Netto-Rendite - wenn der Wechselkurs sich um mehr als 5% bewegt. Aber: Du musst den Break-even-Punkt kennen. Bei 2,8% Prämie musst du mindestens 2,8% Kursgewinn haben, bevor du überhaupt vorne bist.
Forward vs. Option: Welches Instrument passt zu dir?
Es gibt keine „bessere“ Lösung. Nur die richtige für deine Situation.
- Wähle einen Forward, wenn du sicher weißt, wann und wie viel du zahlen musst. Wenn du keine Risiken eingehen willst. Wenn du die Kosten im Voraus planen kannst. Wenn du ein klaren Zeitplan hast - Kauf, Notar, Renovierung - und du dich nicht auf den Zufall verlassen willst.
- Wähle eine Option, wenn du unsicher bist. Wenn du hoffst, dass der Euro stärker wird. Wenn du flexibel bleiben willst. Wenn du bereit bist, für diese Flexibilität zu zahlen. Wenn du nicht nur absichern, sondern auch von einer günstigen Entwicklung profitieren willst.
Die meisten Experten empfehlen eine Mischung: 50-70% mit Forward, 30-50% mit Option. So deckst du die sicheren Zahlungen ab und behältst die Chance auf einen günstigen Kurs. Die LBBW nennt das „strategische Absicherung“. Es ist kein Allheilmittel. Aber es ist vernünftig.
Was du vor der Absicherung wissen musst
Bevor du irgendein Instrument wählst, musst du drei Dinge klären:
- Wie viel musst du zahlen und wann? Kaufpreis, Notarkosten, Grundsteuer, Renovierung - alles in Fremdwährung. Summiere alles. Nicht nur den Kaufpreis. Viele vergessen die Nebenkosten und sind später überrascht.
- Was ist dein Risikotoleranzgrad? Bist du ein Risikoscheuer Anleger? Dann 80-100% Forward. Bist du bereit, etwas zu wagen? Dann 50% Forward, 50% Option.
- Wie lange willst du absichern? Die Standardlaufzeit ist 24 Monate. Aber wenn du in 6 Monaten kaufst, brauchst du keinen 36-Monats-Forward. Läuft die Absicherung zu lange, zahlt du unnötig Zinsen. Läuft sie zu kurz, bist du ungeschützt, wenn du später noch zahlen musst.
Ein häufiger Fehler: Die Laufzeit nicht auf die Zahlungstermine abzustimmen. Ein Investor sicherte 2022 eine Immobilie in der Schweiz für 1 Million CHF ab - mit einem 12-Monats-Forward. Aber die Renovierung dauerte 18 Monate. Nach 12 Monaten war der Forward abgelaufen. Der Franken war um 7% gestiegen. Er musste den Rest teuer am Markt kaufen. Verlust: 70.000 CHF.
Die Kosten: Warum manchmal Absicherung keinen Sinn macht
Es gibt eine Grenze. Wenn die Absicherungskosten höher sind als die erwartete Wertsteigerung der Immobilie, lohnt sie sich nicht. Dr. Klaus Weber von der Deutschen Bank sagt es klar: „Bei einer erwarteten jährlichen Wertsteigerung unter 4% macht eine Absicherung bei 3,2% Kosten ökonomisch keinen Sinn.“
Das bedeutet: Wenn du eine Immobilie in den USA kaufst, die dir 3% Rendite bringt - und du 3,2% für die Absicherung zahlst - dann verlierst du Geld, selbst wenn der Kurs stabil bleibt. Du zahlst mehr für die Sicherheit, als du durch die Miete verdienst. In diesem Fall ist es besser, das Risiko zu tragen - oder zu warten, bis die Kosten sinken.
Die gute Nachricht: Die Kosten werden fallen. Goldman Sachs prognostiziert, dass das Zinsdifferenzial zwischen EZB und Fed bis 2025 halbiert wird. Das bedeutet: Forward-Kosten von 3,2% könnten auf 1,7% sinken. Wenn du nicht dringend kaufst, lohnt es sich, abzuwarten. Viele Anleger nutzen diese Zeit, um ihre Finanzierung vorzubereiten - und die Absicherung erst dann einzurichten, wenn die Kosten attraktiver sind.
Wie du anfängst - Schritt für Schritt
1. Erstelle eine Zahlungsplanung. Schreibe alle Ausgaben in Fremdwährung auf: Kaufpreis, Notar, Steuern, Renovierung, Versicherung. Summiere. Setze Termine.
2. Entscheide den Absicherungsgrad. 100%? 70%? 50%? Je sicherer du bist, desto höher der Forward-Anteil.
3. Wähle den Anbieter. 87% der Anleger nutzen ihre Hausbank. Sparkassen, Commerzbank, LBBW - alle bieten Lösungen an. Vergleiche die Konditionen. Frag nach den genauen Forward-Points und Prämien.
4. Berechne die Kosten. Nutze die Formel: Kosten = Volumen × Zinsdifferenzial × Laufzeit in Jahren. Bei 500.000 USD, 3,2% und 2 Jahren: 500.000 × 1,05 × 0,032 × 2 = ca. 33.600 Euro Gesamtkosten (inkl. Wechselkurs).
5. Starte den Prozess. Forward: 5-7 Werktage. Option: 3-5 Werktage. Du brauchst einen professionellen Anlegerstatus oder ein Mindestvolumen von 100.000 Euro. Kleine Anleger ab 10.000 Euro können über Sparkassen-Partner einsteigen.
6. Überprüfe regelmäßig. Der Markt ändert sich. Wenn der Euro stark steigt, prüfe, ob du die Option nutzen kannst. Wenn die Kosten sinken, überlege, ob du deine Absicherung anpassen kannst.
Was Experten wirklich sagen
Dr. Markus Kendler (JKU Linz): „Forwards sind die kosteneffizienteste Lösung, solange du kein strategisches Exposure behalten willst.“
Prof. Sebastian Memis (Universität Regensburg): „Bei hoher Volatilität sind Optionen langfristig rentabler - weil sie dir erlauben, von positiven Kursbewegungen zu profitieren.“
Oliver Schumacher, Allianz Real Estate: „Selbst bei hohen Kosten lohnt sich die Absicherung. Sie macht die Rendite berechenbar. Und das ist der größte Vorteil.“
Die Wahrheit liegt dazwischen. Es geht nicht um das perfekte Instrument. Es geht um die richtige Strategie für deine Ziele. Wenn du Sicherheit willst - nimm Forward. Wenn du Flexibilität willst - nimm Option. Wenn du beides willst - nimm beides. Und vergiss nicht: Die beste Absicherung ist die, die du verstehst. Nicht die, die am teuersten ist. Nicht die, die die Bank dir empfiehlt. Die, die zu dir passt.
Die Zukunft: Was sich bis 2025 ändern wird
Der Markt verändert sich. Fintechs wie Wise und Revolut bieten jetzt einfache Forward-Lösungen ab 5.000 Euro an. Commerzbank hat Absicherungs-ETFs eingeführt - mit Kosten von nur 1,8% pro Jahr. LBBW hat „Flexi-Forwards“ gestartet: 70% Absicherung, 30% Partizipation am Kursgewinn - bei Kosten von 2,4%. Das ist ein großer Schritt.
Prognosen sagen: Bis 2025 wird 40% der Absicherung digital erfolgen. Die Kosten sinken. Die Zugänglichkeit steigt. Das bedeutet: Für kleinere Anleger wird es einfacher, sich abzusichern. Und das ist gut. Denn Währungsrisiko ist kein Luxusproblem. Es ist ein grundlegendes Risiko bei internationalen Immobilien. Und es sollte jeder kennen - und managen.